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GA4:112-113 – o real e o sonho
sexta-feira 9 de agosto de 2019
Hoeller
Heavy with golden dreams,—Often, dreams are to us mere dreams and so mere “shadows.” In their inconsistent fleetingness and their almost arbitrary character, they fall without connection and without definition into the firm and consistent world which we call the “real” world, the world of waking experience. We consider dreams to be unreal, something that we only dream about. What has a dreamlike character is measured against the real, as if we knew with unquestionable certainty what reality is. True, we explain the real as what has been enacted and which then goes on to act further. Yet what is activity and what is an action? Are actions found only where one can specify results and consequences? Or is there also action which does not bring consequences? Is it then true that only the real has being, that the nonreal has no being and is nothing? Where does the boundary lie between the real and the nonreal? Are the two of them separated into different regions by a boundary line? Or is the nonreal already housed in the real? What about the reality of the real? What would everything real be if it, as the real, did not have its being in reality? But if reality itself is no longer something real, is it then dissolved into the supposed nullity of the merely “abstract”? But doesn’t this “abstraction” that we disparage when we insist on the unreality of “reality” itself, indicate a helpless misinterpretation, springing from our blind attachment to the real? If everything real only is insofar as it has its being in reality, then is not everything real suspended in the nonreal, though never in nullity? But then the nonreal could even take priority over the real. So we must at least ponder whether or not dreams, as the nonreal, can be a measure for the real. We must no longer evaluate them according to the “real,” according to that which one crudely holds for the real as such. Perhaps, however, not everything nonreal in all dreams is a measure of the real. Perhaps that only holds for the dreams that the poet names here in the realm of the birth of the being of the poet and of the art of poetry, insofar as the poet, as demigod, is enacted by gods and men, i.e., is the fruit of the wedding festival (“As when on a holiday…,” IV, 152). Perhaps this is true only of golden dreams. Their nonreality must be thought according to the meaning of the poet. However, the nonreal is for that reason never a mere nullity because it can be either the no-longer-actual or the not-yet-actual. The nonreal contains this either-or, and, moreover, is for the most part undecided between them. But supposing that the nonreal is the not-yet-real, then it has its being between nonreality and reality, and if we further suppose, in the sense of metaphysics, reality to be equal to true being, then the not-yet-real, which can also be called the possible, has its being as the state between not-being and being. [EHP ]
Original
Von goldenen Träumen schwer, — Träume sind uns oft bloße Träume und dann »Schäume«. Ihr bestandlos Flüchtiges und fast Beliebiges fällt unverbunden und unbestimmt ein in das Feste und Bestehende, das uns das Wirkliche der wachen Erfahrung heißt. Wir halten die Träume für das nur geträumte Unwirkliche. Das Traumhafte ist am Wirklichen gemessen, gleich als wüßte man aus einer fraglosen Gewißheit, was das Wirkliche sei. Zwar erklären wir das Wirkliche als das Gewirkte und selbst wieder Wirkende. Doch was ist das Wirken und was ist Wirkung? Sind Wirkungen nur dort, wo sich Ergebnisse und Erfolge verzeichnen lassen? Oder gibt es auch Wirkungen, die des Erfolges nicht bedürfen? Ist denn nur das Wirkliche seiend, das Unwirkliche aber unseiend und nichtig? Wo verläuft die Grenze zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen? Sind überhaupt beide durch eine Grenzscheide in verschiedene Bezirke verteilt? Oder haust schon im Wirklichen das Unwirkliche? Wie steht es mit der Wirklichkeit des Wirklichen? Was wäre alles Wirkliche, wenn es nicht als Wirkliches in der Wirklichkeit weste? Wenn aber die Wirklichkeit selbst nicht mehr ein Wirkliches ist, hat sie sich dann in das vermeintliche Nichtige des gefürchteten »Abstrakten« aufgelöst? Oder ist dieses »Abstrakte«, dessen Schmähung zunächst nur das Unwirkliche »der Wirklichkeit« bestätigt, die hilflose Mißdeutung des Unwirklichen auf dem Grunde einer verblendeten Verlorenheit an das Wirkliche?’Wenn aber jedes Wirkliche nur ist, sofern es in der Wirklichkeit west, hängt dann nicht alles Wirkliche im Unwirklichen, aber gleichwohl niemals Nichtigen? So kann dann das Unwirkliche vor dem Wirklichen sogar einen Vorrang haben. Dann müssen wir wenigstens bedenken, ob nicht die Träume als das Unwirkliche ein Maß für das Wirkliche sein können. Dann dürften wir sie selbst nicht mehr nach dem »Wirklichen« und nach dem, was man geradehin dafür hält, verrechnen. Vielleicht aber ist nicht jedes Unwirkliche aller Träume ein Maß des Wirklichen. Vielleicht gilt dies nur von den Träumen, die der Dichter hier im Bereich der Geburt des Wesens des Dichters [113] und der Dichtkunst nennt, sofern der Dichter als Halbgott der Götter und Menschen Werk, d.h. die Frucht des Brautfestes ist (Wie wenn am Feiertage … IV, 152). Vielleicht gilt dies nur von den goldenen Träumen. Ihre Unwirklichkeit muß nach dem Sinn des Dichters gedacht werden. Nun ist aber das Unwirkliche schon deshalb nie das bloß Nichtige, weil es entweder das Nichtmehr-Wirkliche oder das Nochnicht-Wirkliche sein kann. Das Unwirkliche enthält dies Entweder-Oder und verbirgt überdies meist die Unentschiedenheit desselben. Gesetzt aber, das Unwirkliche sei das Noch-nicht-Wirkliche, dann west es zwischen der Unwirklichkeit und der Wirklichkeit. Setzen wir einmal im Sinne der Metaphysik die Wirklichkeit gleich mit dem wahrhaften Sein, dann west das Nochnicht-Wirkliche, was auch das bereite Mögliche heißen kann, als der Zustand zwischen Nichtsein und Sein. [GA4 :113-114]
Ver online : TRAUM